Fahrspass im Schnee, egal ob Abfahrt oder Off-Pist hängt in großem Maße vom fahrerischen Können, aber natürlich auch von der Ausrüstung ab. Die Faszination des Skitourengehens liegt zumindest für die Testerin in der Freiheit in der Natur und der Verbindung von Ruhe beim Aufstieg und Downhillspass bei der Abfahrt. Jegliches verwendetes Material sollte dies einfach nur unterstützen und als Mindestanforderung zumindest nicht beeinträchtigen. Denn mangelnder Kontakt zum Ski oder zwischen Ski und Hang können einem die Abfahrt schon erheblich vermiesen. Ganz wesentlich ist aber auch, und hier vor allem beim Skitourengehen der Stiefel! In beiden Fällen gilt ganz kompromisslos eines: er muss passen! So empfiehlt es sich nicht, es sei denn man bestellt einfach haargenau den gleichen Stiefel nur nach, Skistiefel über das Internet zu bestellen. Denn bei allen Größentabellen….reinschlupfen muss man halt schon und eine gute Beratung ist hier auch immer angebracht.
Wir konnten den HAGAN Core St W Tourenschuh rauf wie runter tragen und fahren.
Facts
Thema | Info |
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Größen | 23-27,5 (Damenmodell), 26-30,5 (Herrenmodell) |
Farben | Damenmodell darkblue/ blue, Herrenmodell darkblue/yellow |
Gewicht | 1135 g(Gr. 24,5)/ 1190 (Gr. 26) |
Preis | 499,99 Euro UVP |
Verarbeitung
Die wenigen verarbeiteten Metallelemente sind stabil und verformungsfrei. Es sind keine scharfkantigen Plastikkanten vorhanden. Die Sohle ist robust und abriebresistent.
Praxistest
Dieser Tourenskistiefel hat so rein gar nichts mehr mit klobigen und massigen Tourenstiefeln zu tun, die aussehen, als hätte man noch die Steigeisen dran. Der Core ST ober Herren- oder Damenmodell ist ein auffallend schlanker Stiefel, der kaum jehr aufträgt als ein regulärer Abfahrtsstiefel. Im Grunde ist er auch nur über den Schieber an der Ferse als solcher sofort zu entlarven.
In den Farbvarianten ist der Stiefel entweder ganz schlicht in dunkelblau/blau oder in dunkelblau/gelb. Das sind jetzt keine Knallerfarben oder top modischen Farbvarianten wie man sie vielleicht von Abfahrtsskistiefeln her kennt. Allerdings sind sie farblich gut in sich abgestimmt und das Gesamtkonzept des Stiefels ist ja ohnehin sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Der Einstieg in den Stiefel ist einfach und bequem. Sowohl vorne an der Zunge als auch hinten im Wadenbereich befinden sich zwei Gurtschlaufen, mit deren Hilfe man sehr bequem in den Stiefel hinein findet. Wenn man den Schaft aber ordentlich öffnet, ist ein starkes Ziehen meist gar nicht erforderlich.
Der Stiefel ist einfach zu öffnen. Man löst die große Schnalle außen oberhalb des Sprunggelenks und den darin befestigten Klettgurt. Danach öffnet man die kleinere Schnalle im Ristbereich. Jetzt kann die Plastikverschalung der Zunge / Abdeckung gelockert werden. Ganz öffnen wie bei anderen Modellen lässt sie sich nicht.
Der Innenschuh verfügt über zwei Ösen beidseitig, wo eine extra Schnürung für noch besseren Halt vor allem bei der Abfahrt, eingezogen werden kann. Wir haben den Stiefel bzw. Innenschuh aber ohne extra Schnürung getestet. Der Schuh selbst ist wie die Außenschale eher schmal geschnitten. Menschen mit breiten Füßen sollten ihn auf jeden Fall in Ruhe probetragen. Ansonsten ist der Innenschuh sehr flexibel und passt sich hervorragend an den Fuß an. Auch die gut gepolsterte und dennoch innen hart verstärkte Zunge passt sich optimal und drückt auch nicht im Stiefel bei der Abfahrt.
Auch im Aufstieg, wenn der Schuh locker geschnallt ist und auf walk umgestaltet wurde, rutscht die Zunge nicht weg.
Der Innenschuh ist an den Knöcheln und am Rist thermoverformbar.
HAGAN wirbt mit einer einfachen, schnellen und intuitiven Handhabung und Umstellung. Als absoluter Skitourenneuling fehlt es mir zwar an Vergleichsmöglichkeiten unter den Tourenskistiefeln. Jedoch kann ich allgemein absolut bestätigen, dass die Handhabung selbsterklärend, einfach, schnell und flexibel ist. Auch mit Handschuhen sind alle Handgriffe kein Problem.
Bei Beginn der Tour (regulär mit einer längeren Steigungsphase beginnend) wird der Stiefel oberhalb der Ferse auf Walk gestellt. Dies erfolgt an einem Hartkunststoffhebel, dem Ski-Walk-Mechanismus ( Easy-Slide-Lock-System). Ist dies erfolgt, so kann der Stiefelschaft bis zur Senkrechten aufgerichtet oder weit nach vorne abgeknickt werden. 60% Schaftrotation heißt das im Fachjargon. Klingt spektakulär. Wichtiger aber vermutlich, dass es keine Sprunggelenkswinkelung gab, bei welcher der Stiefelschaft den Fuß oder das Schienbein behindert worden wären. Die seitliche Stabilität des Stiefelschaftes bleibt jedoch erhalten.
Der überbreite Power-Strap/ Nylongurt ist mit einer Skalierung versehen. So kann die Schnallenweite ganz individuell aber auf beiden Seiten gleich und auch immer gleichbleibend eingestellt werden. Der Power-Strap wir ddann durch die Kunststoffschnalle gefädelt und mit ca. 20 cm langen Klettband am Stiefelschaft fixiert. Ist die Schnalle nun geöffnet und der Mechanismus auf Walk gestellt, hat der Fuß viel Bewegungsfreiheit. Fast könnte man meinen, man schlüpfe hinaus, aber das ist nicht der Fall. Tatsächlich hat der Fuß im Schuh selbst nicht so viel Spiel, lediglich Sprunggelenk und Unterschenkel. Dies zeigt sich daran, dass es eben keine Blasenbildung gibt.
Das System mit der Schnalle und dem Gurtband ist so ausgelegt, dass am Gipfel lediglich der Mechanismus mit einer Handbewegung von Walk auf Ski umgestellt und die Schnalle geschlossen werden muss. Durch die Verengung der Schnallenhebelwirkung passe das dann genau für die Abfahrt. Die Idee ist toll, so bleibt lästiges Nachjustieren aus. Allerdings muss man natürlich sagen, dass das so passen kann, aber nicht in jedem Fall muss. Erstens hängt das von den Vorlieben ab, wie weit man den Stiefel im Aufstieg gerne hätte. Ich hatte bei den ersten beiden Touren den Stiefel recht weit. War sehr bequem im Aufstieg und habe es dann wie beschrieben oben nur durch Feststellen der Schnalle enger gestellt. Das hat zumindest mit der Grundweite des Straps und den Schneebedingungen nicht ausgereicht. Ich bin ziemlich geschwommen im Stiefel.
Bei der nächsten Skitour hatte ich den Stiefel im Aufstieg wieder bequem eingestellt. Ob vor der Abfahrt habe ich dann nochmals den Strap enger gemacht und dann die Schnalle umgelegt. Anfangs war es dann zu eng und die Wade machte Probleme. Also nochmals nachstellen und dann passte es und der Halt im Stiefel war sehr gut. Vermutlich dauert es einfach eine Weile bis man “seine” Einstellung gefunden hat, mit der es so einfach funktioniert. Und im Notfall muss man halt doch mal nachstellen, was aber gut geht, auch mit Handschuhen.
Bei der unteren Schnalle am Rist handelt es sich zunächst um eine klassische Skistiefelschnalle mit drei Verstellmöglichkeiten. Angenehm ist, dass das Stahlseil automatisch immer von einem Metallbügel und Feder an der richtigen Stelle gehalten wird. So muss man das Seil gegebenenfalls nur in die richtige Weitenhalterung einlegen und es hüpft nicht wieder raus.
HAGAN verbaut Normalabsätze, die zu Kingpin von Marker ohne Applikationen passen.
Die Sohle bei einem Skistiefel wird in der Regel wenig beachtet. Je besser der Halt beim Gehen oder Stehen ist, umso weniger denkt man darüber nach. So ist es ein gutes Zeichen, dass im Praxistest die Sohle keinerlei Beachtung fand, denn: es wurde nicht gerutscht. Die Haftung am Untergrund war dank der M-Grip- Sohle gut. Sie hat “Verzahnungen” in alle Richtungen, so dass irgendwelche Teile der Sohle immer Halt finden. Da sie steif ist, trifft die Sohle auch außer beim Zehen oder Fersengang in steilem Gelände immer den Untergrund.
Zur Wärmeleistung kann nur bedingt etwas gesagt werden. Zum einen weil die Testerin nahezu immer kalte Füße hat und zum anderen, weil es bei den Skitouren um die Null Grad hatte. Beim Tourengehen, ist man in der Regel beim Aufstieg erst einmal mit pumpen beschäftigt und so sind die Füße von Anfang an gut in Bewegung. Dank der offenen und beweglichen Stiefel im Aufstieg werden die Füße gut durchblutet und so kann sicher auch eisigereren Temperaturen gut begegnet werden. Offenbar ist trotz schmalem Stiefelschnitts ausreichend Bewegungsfreiheit im Innenschuh vorhanden. Im Test waren die Füße immer schön warm außer nach einer Stunde stehen im eisigen Fönwind bei der Schneeananlyse und dem Blocktest.
In der Stiefelspitze sind in der Kante für normale Bindungen auch die Aufnahmelöcher für die PIN-Bindungen vorhanden.
Für einen Skistiefel und gar einen Tourenskistiefel sind die HAGAN Core ST wirklich Leichtgewichte entsprechend ihrer Optik.
Fazit
Die Core ST von HAGAN für 500 Euro sind super leichte und vor allem bequeme Skitourenstiefel, die durch ein durchdachtes und aufs Wesentliche reduziertes Handling, viel Komfort beim Aufstieg und guten Halt und Unterstützung bei der Abfahrt überzeugen. In dem Stiefel kann man die Winterbergwelt einfach nur genießen und sich auf das einlassen, was man gerade tut.
Alle Praxistests auf Outdoortest.info werden gemäß dem Outdoor Blogger Codex durchgeführt und sollen dem Benutzer sowohl die positiven aber auch negativen Aspekte des Produktes aufzeigen.